Kieler Nachrichten, 20.06.2022
VON CHRISTIAN STREHK
KIEL. Weihnachtliches lockt das Publikum nach der Corona-Delle zurück in die Konzerte! Gleich drei Mal ist die Philharmonie in der Wunderino Arena mit ihrer 1500er-Kapazität bestens besucht am zweiten Adventswochenende.
Nicht nur bei der stimm(ungs)vollen Leistungsschau des Kieler Musikgymnasiums Ernst Barlach (mit beinahe 300 Beteiligten in 14 Ensembles) am Sonnabend- und beim Mitsingkonzert der Theaterakademien am Sonntagabend, sondern auch bei dem sternglänzenden Raritäten-Exkurs des Philharmonischen Chores am Sonntagvormittag.
Da erlebte man eine sehr rund geschmückte und ausgeleuchtete Krippe unter dem „Stern von Bethlehem“, einer hochromantischen Kantate für Sopran, Bass, Chor und Orchester vom Liechtensteiner Könner Josef Gabriel Rheinberger. Der bedeutende Münchner Hofkapellmeister und dortig Lehrer von Engelbert Humperdinck malt im Jahr 1890 in naiver Musikandacht das Wunderwirken der Geburt Christi.
Der ausgeglichen tönende Philharmonische Chor zeigte bei leidlicher Textverständlichkeit Sinn für die Schwelgerei zwischen Hoffnung und Heilsversprechen, hatte aber auch den Biss für die balladenhaft dramatische Anreise der Morgenland-Weisen durch die Wüste oder die kapriziöse Schlussfuge. Chordirektor Gerald Krammer sorgte mit Zug und Präzision am Pult dafür, dass Betulichkeit und Sentimentalitäten kaum eine Chance bekamen.
Betörend waren die resonanzreich schillernden Naturtöne, die Katja Stuber als Verkündigungsengel oder Maria dazwischen aufleuchten ließ. Und wunderbar nobel sang der Bariton Jonas Müller. Letzterer harmonierte auch optimal im würdevollen Männertrio mit Tenor Konrad Furian und Bass Junggeun Choi. Hübsch sowieso die Idee, angesichts des erfüllten Publikumsechos ein sehr britisches Christmas-Potpourri von Gustav Holst als ganz anders gepolte Zugabe aufzulegen.
Vor der Pause war das Problem des häufig zu lauten Orchesters größer. In Otto Nicolais mit viel Lametta behangener, von Krammer wirkungsmächtig gesteigerter „Weihnachts-Ouvertüre“ war das noch egal, weil der Chor den Choral „Vom Himmel hoch“ da nur obligat hineinhängen musste. Aber bei Mendelssohn hätte man manche Stellen gerne auch instrumental lichter und inniger gehört – gerade, weil der Dirigent die Qualitäten des reifen „Christus“-Fragments darzustellen verstand. Oder weil sein Chor (plus Mädchen der Chorakademie, einstudiert von Moritz Caffier) und die Solisten in der frühen Choralkantate „Vom Himmel hoch“ unnötig unter Druck gerieten.
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